Brief an einen Freund

Bockenem, im Februar 2024

Lieber Thommy,

50-jähriges Bühnenjubiläum möchtest du in diesem Jahr feiern. Toll, habe ich gedacht. Dann fing ich an zu rechnen und dachte: „Momentmal, der Thommy ist doch noch keine 65 Jahre alt. Da muss er ja als Knabe zum ersten Mal auf der Bühne gestanden haben.“ Dann die Überraschung bei unserem Treffen bei dir zu Hause in Berlin. „Ulli, das war wirklich so. Ich war 14 Jahre alt. Da sang ich mein erstes Konzert mit Honorar“, erzähltest du.

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Das war in der St. Nicolaikirche Alfeld/Leine, nicht weit entfernt von deiner Heimstadt Hildesheim. Altus hast du damals in einer Buxtehudekantate mit der Hildesheimer Micheliskantorei unter der Leitung von Kantor Baumann gesungen. „Der ist dabei gepflegt vom Podium gefallen,“ erinnerst du dich amüsiert. „Hat ihm aber nicht geschadet“.

Gesungen hast du aber schon viel früher. Im Grunde bist du singend auf die Welt gekommen. Eine über 80-jährige gute Freundin erzählte mir, wie du als 5 oder 6-jähriger gemeinsam mit einer hannoverschen Kantorin Weihnachtslieder gesungen hast. Und als unsere Freundin das erzählte, bekam sie glänzende Augen. „Der hat damals schon wunderschön gesungen“, erinnert sie sich. Und mit uns befreundete Eltern von Mitschülern und -schülerinnen deiner Zeit auf dem Hildesheimer Gymnasium Andreanum sagten neulich: „Unsere Kinder fanden es toll, wie der Thommy einfach dazugehörte. Wir haben den sehr gemocht“. Und sie erzählen natürlich auch mit viel Sympathie von deiner Mitwirkung im Chor oder als Solist bei Schulkonzerten, bei denen euer Musiklehrer Walter Romberger euch inspirierte. In unserem Wohnort Bockenem meinen sich übrigens noch einige Leute daran zu erinnern, dass du beim Besuch deiner Großeltern im Nachbardorf Mahlum dein kindliches Wesen getrieben haben sollst. Später gab es in deinem Leben eine Phase, da bist du eigenartiger Weise dauernd Leuten in Hildesheim und Hannover begegnet, die auch mit mir und meiner Frau Heidrun bekannt oder auch für uns wichtig waren. Dabei kannten wir uns da noch gar nicht. Erwähnt hast du die kirchliche und weltliche Musikszene, den NDR, das Hildesheimer Stadttheater, die Kreissparkasse Hildesheim oder auch einschlägige Musikkneipen.

In der Zeit, Ende der 1970er, Anfang der 80er, war uns natürlich schon bekannt, dass es da einen außergewöhnlichen jungen Sänger namens Thomas Quasthoff gab. Als ich dann gemeinsam mit anderen die SingAkademie Niedersachsen gegründet hatte und wir begannen, symphonische und oratorische Chormusik aufzuführen, dauerte es nicht lange, dass du 1984 bei uns als Solist in der Johannespassion mitwirktest. Es war, glaube ich, deine erste. Sopranistin war damals meine Frau Heidrun, u.a. Privatschülerin von Elisabeth Schwarzkopf und bereits intensiv beschäftigte Konzertsängerin. Und später, kurz nach deinem Triumph beim ARD-Wettbewerb 1988, warst du wieder gemeinsam mit Heidrun als Sopranistin der Bass-Solist beim Brahms-Requiem. Zwei Jahre später dann mit Stephanie Stiller und Ulf Kenklis noch einmal bei Orffs Carmina Burana. Thommy, es war herrlich, dich in dieser Zeit als Solist dabei zu haben.

Wir wurden schnell Freunde. Ich erinnere mich an Fachsimpeleien zwischen dir und Heidrun und an Gespräche über Gott und die Welt zwischen uns. Bei unseren großen Familientreffen warst du regelmäßig dabei. Du erinnertest dich, wie wir zu Sylvester außerhalb unseres Ortes Bockenem in die Natur fuhren und auf einem Berg den Jahreswechsel begingen. Und du erwähntest die schönen gemeinsamen Osterfeste. Und auch von den tiefen Gesprächen mit meinem Vater und meiner Mutter sprachst du. Und ich erinnere ich mich daran, welch gute Laune du immer mitgebracht hast und wie viel wir gelacht haben. Wunderbare Erinnerungen an eine Freundschaft, die bis heute besteht. Zwischen uns beiden und mit der ganzen Familie.

Zu diesem Freundschaftsband gehören auch unsere drei Kinder Christiane, Cornelius und Charlotte. Auch ihr seid bis heute in Freundschaft verbandelt. Dann aber ging dein Weg in die weite Welt, geografisch gesehen, aber auch und vor allem musikalisch. Und diesen Weg haben wir mit Bewunderung, Respekt und liebevoller Aufmerksamkeit wahrgenommen. Wenn du dann anriefst und von deinen Konzerten erzähltest, hörten wir die Namen der großen Dirigenten unserer Zeit, bedeutender Orchester, berühmter Festspielorte und von den großen Konzertsälen der Welt. Immer spürte ich dabei deine Begeisterung über das, was du gerade erlebtest. Zwischendurch konntest du aber auch recht hemmungslos lästern – über Kollegen und Kolleginnen, mit denen du aus irgendeinem Grund nicht einverstanden warst. „Ich habe eben eine große Klappe“, hast du später selbstkritisch gesagt. Mal kamen deine Anrufe von den Salzburger Festspielen, mal aus New York, mal aus England, mal aus Wien – kurzum aus der ganzen Welt. Was sich da in deinem künstlerischen Leben Großartiges ereignete, ist hundertfach dokumentiert durch Aufnahmen, Konzert-Besprechungen, Interviews und auch durch deine beiden autobiografischen Bücher. Ein Höhepunkt reiht sich da an den anderen.

In diesem Brief möchte ich auch eine andere, wichtige Phase in unserem Gespräch in Erinnerung rufen. Ich meine unsere Frage, was das Besondere an der Musik ist im Unterschied zur bildenden Kunst. Hat es etwas mit den Schwingungen zu tun, aus denen Musik besteht? Sind es die Harmonien? Das Erleben von Spannung und Entspannung, von Einatmen und Ausatmen? Von langsam und schnell. Von laut und leise? Du hast bestätigt, dass dich Musik immer anrührt und auch zu Tränen rühren kann. Du ergänztest aber sofort, dass auch Bilder solche Gefühle auslösen können. „Vor allem die Wasserlilien von Monet berühren mich ganz tief.“ Dennoch waren wir beide uns aber einig, dass die Musik vielleicht doch viel direkter Gefühle auslösen kann als die bildende Kunst. Vielleicht in gewissem Sinn auch die Sprache, weil auch sie mit der Stimme zu tun hat. Du hast ja schon in deiner frühen Zeit als Radiosprecher und Moderator Menschen mit der Stimme berührt. Und noch viel mehr gilt das, wenn du zum Beispiel jetzt mit Katharina Thalbach auf der Bühne stehst oder bei Schönbergs Gurreliedern die melodramatischen Takte rezitierst.

Schön fand ich, dass du in diesem Zusammenhang einen Satz von Christa Ludwig zitiertest: „Man muss eine Träne im Ton haben“. Wer das hat, kann den Hörenden tief berühren. So war es bei deinem Singen immer. Weil du eben auch diese Träne im Ton hast. Diesen besonderen Ausdruck versuchst du ja auch bei deinen Studierenden und in den Meisterklassen zu aktivieren. „Ja, wobei es mir immer wichtiger wird, die Individualität zu stärken. Sie sollen nicht alle wie Thommy Quasthoff klingen.“

Was aber machen die Emotionen, die man singend bei den Hörenden auslösen kann, mit dir selber? „Es weitet den Blick, vertieft die Einsichten in das Leben und erfüllt mit Dankbarkeit“, waren in etwa deine Worte. Und wie ist das mit der existentiellen Leere, in die Schuberts Winterreise mündet? Deine Antwort: „In diese Leere bin ich auch selbst geraten. Da brauchte ich etwa eine Stunde, um wieder ganz bei mir zu sein“.

An dieser Stelle unseres Gespräches sagte ich, dass Musik für mich fast immer auf eine geheimnisvolle Weise spirituell verwurzelt ist. Spannend fand ich, wie du daraufhin über die musikalische Arbeit mit Persönlichkeiten wie Daniel Barenboim, Simon Rattle oder Claudio Abbado nachdachtest. „Fast immer ergaben sich bei der Arbeit oder danach tiefgehende Gespräche über die Bedeutung des gerade Geprobten für das menschliche Leben.“ Und über Claudio Abbado sagtest du: „Claudio war schrecklich chaotisch beim Proben. Aber im Konzert – da tat sich der Himmel auf.“ Und diese im Konzert zu spürende Verbindung von Musik, Philosophie und Glauben bestimmte auch deine Gespräche mit ihm. „Die Arbeit mit diesen Dirigenten hat meine Sicht auf das Leben erweitert und vertieft,“ sagtest du.

Wie zufällig kamen wir an dieser Stelle unseres Treffens zu deinem letzten großen Konzert als klassischer Sänger. 2010 war das und hat mich wirklich berührt. Es war die legendäre halbszenische Aufführung der Matthäuspassion in der Berliner Philharmonie mit Simon Rattle als Dirigent und Peter Sellers als Regisseur. Da bist du noch einmal mit den religiösen Tiefen dieses Werkes konfrontiert worden, und das auf eine dich emotional ergreifende Art. Könnte man sagen, dass es dich radikal, also an der Wurzel gepackt hat? Und das, obwohl du das Werk ja schon so oft in deinem Leben gesungen hast? Und dann also ein letztes Mal auch die Arie, zu der du eine besonders innige Beziehung hast „Mache dich, mein Herze, rein.“ Ich kann mir vorstellen, dass das ein Moment war, der dich sehr bewegt hat. „Ja“, hast du geantwortet, „schon. Aber vor allem ist da eine tiefe Dankbarkeit. Denn mehr konnte ich wahrlich nicht erreichen, als das, was ich erlebt habe.“

Fünf Jahre später, 2015, hast du das Werk ja sogar selbst dirigiert. Da ließest du den Choral „Wenn ich einmal soll scheiden“, den Bach unmittelbar nach Jesu Tod am Kreuz gesetzt hat, vom Rias-Kammerchor a-capella singen. Noch heute spürt man, wie tief sich dieser Choral in dein Fühlen und Denken eingesenkt hat. In diesem Choral gibt es die Zeile „Wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein“. Ich erinnerte dich daran, dass du in einem früheren Gespräch zu diesen Worten sagtest: „Das hat essentiell mit mir zu tun. Ich hatte in meinem Leben viele Ängste. Schau mal,- mit neun Monaten kam ich für anderthalb Jahre weg von zu Hause und lag im Annastift Hannover im Streckverband, ohne engere Beziehung zur Mutter, visuell aber auch körperlich. Heute weiß ich: das ist die Wurzel meiner später immer wieder aufkeimenden Verlustängste. Lange habe ich mir gesagt: alles Quatsch. Das packst du. Hab ich aber nicht. Erst in der Dynamik der Beziehung zu meiner Frau Claudia ist mir das klar geworden. Jetzt habe ich keine Angst mehr. Mit dem im Lied tröstenden Bezug auf Jesus kann ich nicht so viel anfangen. Ich sehe das umfassender. Es ist die Liebe, die Hoffnung bringt. Zwischen den Menschen, auch zu mir selbst. Aber genauso im Hinblick auf Freundschaften und auf Menschen, die mir helfen, auf dem Teppich zu bleiben.“

Dass du dich über die sozialen Medien immer wieder mit kristallklaren Worten gegen rechtes Gedankengut stellst und die Menschen aufforderst, auch politisch auf dem Teppich zu bleiben, gehört vielleicht auch in diesen Zusammenhang. Liebe zu verwirklichen braucht manchmal halt auch klare Kante.

Lieber Thommy, es war schön, dich erneut zu treffen. Du hast innere Ruhe ausgestrahlt und zufriedene Gelassenheit. Und wir haben auch wieder reichlich lachen können.

Ich danke dir für unsere Freundschaft.

Herzlichst dein Ulli

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Claus-Ulrich Heinke, Jahrgang 1944, ist Evangelischer Theologe, Journalist und Dirigent.

100 Prozent TQ…

… immer neu, immer er selbst!

Im Januar 2012 hat Thomas Quasthoff sich als klassischer Sänger von der Bühne zurückgezogen. Das geschah für viele unerwartet, auch für ihn selbst sehr plötzlich – aber konsequent. „Ich war dem hohen Anspruch, den ich an meine künstlerische Arbeit stelle, nicht mehr gerecht und habe deshalb meine Managerin gebeten, alle folgenden Konzerttermine abzusagen.“ Der Tod seines Bruders habe ihn in eine Art Schockstarre versetzt, erinnert sich Thomas Quasthoff. Das geflügelte Wort habe seine Berechtigung. Die Kehle war wie zugeschnürt, Trauer macht stumm. „Ich habe mit Michael meine liebste und größte Vertrauensperson verloren, im Künstlerischen wie im Menschlichen.“

Es folgte eine Zeit, die Thomas Quasthoff heute als hart, aber wegweisend bezeichnet. Eine Zeit der Reflektion, auch des künstlerischen Experimentierens auf dem Weg in ein immer geliebtes, aber bis dahin nicht selbst ausgeübtes künstlerisches Genre. Thomas Quasthoff entwickelte sich zum Jazzsänger

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„Ich habe ein neues Instrument gelernt, das heißt Mikrofon. Ich habe gelernt, damit Klangfarben zu erzeugen, indem ich zum Beispiel ganz nah herangehe und einen weichen Balladensound erzeuge. Eine ganz neue Intimität ist damit für mich möglich, und darin gewinne ich immer mehr Sicherheit. Dafür muss man die Intonation stärker kontrollieren, was man mit einem Klavier und selbst mit einem großen Orchester nicht muss. Meine Stimme hat sich längst vollständig erholt, ich fühle mich wohl. Mittlerweile erreiche ich auch Höhen, in denen meine Stimme für eine Weile nicht so gut angesprochen hat. Das macht mich sehr zufrieden.“

Thomas Quasthoffs Bühnenpartner sind der Jazzpianist Simon Oslender, der Kontrabassist Dieter Illg und der Schlagzeuger Wolfgang Haffner. Sie schätzen Quasthoffs unbedingte Musikalität. Und er schätzt die ihre.

„Wir sind befreundet, und das macht es so toll. Das Allerschönste dabei ist: Jeder freut sich, wenn dem anderen etwas Tolles gelingt. Damit ist immer mehr Freiheit möglich, ich fühle nicht mehr die Strenge des klassischen Konzertes. Im Grunde genommen habe ich mich selbst von einem Kunstsockel heruntergeholt. Das schönste Kompliment ist für mich, wenn ich höre: ‚Da singt nicht ein klassischer Sänger, der Jazz macht, sondern ein Jazzsänger.‘ Anders als bei einem Liederabend fühle ich mich nicht als Zentralfigur des Abends, sondern als einer von vier Mitmusikern.“

„Eines meiner Lieblingsstücke ist ‚One for My Baby‘. Da sitzt ein Typ an der Bar und sagt dem Barkeeper: ‚Hör mal zu, mir geht es schlecht. Meine Freundin hat mich verlassen. Deshalb spendiere ich jetzt eine Runde für sie und dann noch eine weitere für den Weg, den ich ab jetzt gehen werde.‘ Wenn es ein klassisches Lied wäre, würde es die Situation nur beschreiben. Im Jazz kann ich dagegen alle Emotionen des Menschen in die Stimme legen, der da singt. Innerhalb desselben Satzes höre ich dann tausendmal mehr, wie es dem Typen da an der Theke geht. Schon in Schuberts Winterreise oder Bachs Matthäuspassion wollte ich nicht nur interpretieren, sondern der Müllerbursche sein und ‚Mache Dich, mein Herze, rein‘ als Fürbitte wirklich direkt an Jesus adressieren. Im Jazz kann ich noch darüber hinaus gestalten. In der Klassik singe ich genau, was da steht, mit der exakten Notenlänge. Wenn ich bei ‚Summertime‘ Lust habe, dann dehne ich den Ton, „you spread your wings“ und erzeuge wirklich das Bild, dass da jemand seine Schwingen ausbreitet. Wie im Jazz völlig frei zu gestalten, ist in der Klassik verboten. Der klassische Künstler singt zwar seine eigene Interpretation, aber nie in freier Gestaltung, sondern höchstens so wie er denkt, dass es künstlerisch gemeint ist.“

Auch in Lesungen entdeckt Thomas Quasthoff einen weiteren Facettenfundus für ihn als Vortragenden. Gedichte von Heinrich Heine, Briefe von Goethe oder Mendelssohn, kürzlich ein wiederentdecktes Tagebuch von Johann Andreas Silbermann, der seinen Onkel, den berühmten Orgelbauer Gottfried Silbermann, im 18. Jahrhundert auf Reisen begleitete. Das Gesungene und die Sprachmelodie sind für ihn beides Formen von Musik.

„Ich beschäftige mich gern mit allem, was mit Sprache zu tun hat und mit meiner Stimme, mit der ich gern experimentiere. Es reicht nicht zu sagen, dass ich gern Musik mache, sondern ich würde sagen, dass 75 oder 80 Prozent meines Wohlbefindens von der Musik abhängt. Schon morgens beim Duschen mache ich Gesangsübungen oder summe irgendeine Melodie vor mich hin. Das war schon als Kind so. Vielen meiner Studierenden würde ich das wünschen, 100-prozentig das zu leben, was einem geschenkt worden ist.“

An der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin hat Thomas Quasthoff nach wie vor eine Gesangsprofessur.

„Mir ist es wichtig, mündige, kundige Sänger auszubilden, die sich ihre Stimme selbst erarbeiten. Ich möchte nicht der allwissende Guru sein, der die junge Sängerin oder den jungen Sänger behütet und abschirmt. Das habe ich selbst so erlebt und mich davon befreit. Als ich den ARD-Wettbewerb 1988 gewonnen hatte, hätten sich mir gewiss noch mehr Türen geöffnet, wenn ich anschließend zum Beispiel zu Dietrich Fischer-Dieskau gegangen wäre. Das wollte ich aber nicht, denn ich finde, jedem, der bei ihm studiert hat, hört man das auch an. Ich wollte stattdessen wie ich klingen. Auch heute singe ich nicht wie Frank Sinatra, Bing Crosby oder Curtis Stigers. Manchmal füge ich eine solche typische Färbung als Stilmittel ein, aber mich interessiert, deren Lieder so zu singen, wie ich sie in dem Augenblick fühle. Im Jazz finde ich noch andere, freiere Gestaltungsmöglichkeiten. Eine Tempoangabe zum Beispiel ist im Jazz immer nur als Richtlinie zu verstehen. Das ist für einen Sänger ein riesiges Geschenk. Der Weg, den ich gegangen bin, also mich aus einer Musiksparte selbst herauszuziehen und mir in einer anderen dieselbe Klasse zu erarbeiten, ist eine tolle Erfahrung.“

Sein 65. Geburtstag liegt noch weit voraus, doch Thomas Quasthoff blickt auch in Verbindung mit einem weiteren Meilenstein seiner Karriere darauf.

„Dann stehe ich nämlich seit 50 Jahren auf der Bühne. Das auch von dort aus zu erleben, wäre schon cool.“